„Woyzeck“ im Literaturhaus Stuttgart

Knapp dreißig Seiten graubeiges Papier, ein schlichter gelber Einband – das ist erstmal der unscheinbare Anblick von Georg Büchners „Woyzeck“ in Buchform.

Dazu noch der zunächst nichtssagende Titel und ein Autor, von dem gerade eine Handvoll kurzer Texte überliefert ist. Doch schnell konnte der Deutsch-Leistungskurs der KS2 im Unterricht eintauchen in diese groteske und bizarre, aufwühlende und aufgewühlte Dramenwelt. Dass „Woyzeck“ – titelgebend ist der Protagonist, der geknechtet zwischen Ausbeutung und Wahnsinn zum Mörder wird – bereits fast 200 Jahre auf dem Buckel hat, ist diesem ungemein modernen Text dabei gar nicht anzumerken. Und das schon allein beim Lesen. Etwa wenn es heißt: „Der Mensch ist ein Abgrund, es schwindelt Einem, wenn man hinunterschaut.“

Dass nun das Literaturhaus Stuttgart gemeinsam mit dem SWR2 im Rahmen ihrer Sternchenthemen-Reihe zu den Pflichtlektüren des Abiturs den Dramaturgen und Schriftsteller John von Düffel für eine Podiumsdiskussion am 8. März 2023 zu diesem Werk gewinnen konnte, ermöglichte uns nun noch einmal ganz neue Perspektiven auf das Stück: Welche Rolle spielt Moral überhaupt? Ist die Frage nach Maries Pflicht zur Treue nicht eigentlich bigott und frauenfeindlich? Ist das, was Woyzeck fehlt, nicht einfach Zeit?

Mit diesen und noch mehr Gedanken im Schlepptau waren wir gut gerüstet für die folgende Diskussion im Kurs und die Vorbereitung auf die schriftliche Abiturprüfung.

 

Mario Aschenbrenner